Steht die Privatsphäre vor dem Aus? – Vom Schutz und Umgang mit Daten (II)

Tagung zu Schutz der Daten und Privatsphäre in Tutzing.

Die Währung der digitalen Welt sind Daten. Manche sagen, es sei das Gold oder Öl des 21. Jahrhunderts. Die Akademie für politische Bildung in Tutzing hat den Umgang mit Daten in möglichst vielen, unterschiedlichen Facetten beleuchtet. Am zweiten Tag ging es um Identitätsdiebstahl im Internet, eine Krankenkasse, die Online Kurse und Apps anbietet und den Bayerischen Einzelhandel, bei dem viele Daten auflaufen.

Alexander Spickenreuther

Lebensmittel übers Internet bestellen - in Frankreich geht das. Dort bestellt man online, fährt zum Laden hin, zahlt und packt ein. Das ist ein Mittelweg zwischen reiner Online-Bestellung, wo man die Lebensmittel auch nach Hause geliefert bekommt und dem reinen „Offline“-Handel wie in Deutschland. Hier wachsen die Verkaufsflächen immer noch - über 123 Millionen Quadratmeter sind es 2015. Selbst die Schleckerpleite hat nur eine kleine Delle hinterlassen.
Auch, wenn es derzeit mit dem Onlinehandel noch nicht so richtig klappt: In Deutschland haben alle großen Lebensmittelkonzerne Pläne in den Schubladen.
Dem entgegen steht ein anderer Trend: Onlinehändler wie notebooksbilliger, mymuesli und auch amazon eröffnen stationäre Läden. Alexander Spickenreuther ist der Geschäftsführer des Einzelhandelsverbandes in Bayern. Wohin geht der Trend: Online oder offline?

 

Erfreulich ist laut Spickenreuther, dass die Buchhändler Terrain zurück erobern. Auch wenn der E-Commerce ungehemmt zulegt, Online-Plattformen wie eBay oder amazon verlieren Marktanteile um die 20 Prozent. Der Trend geht zum Cross-Commerce, also der Mischung zwischen Online- und Offline-Handel. Interessant ist für den Handel natürlich auch, dass fast jeder Deutsche ein Smartphone hat. Immerhin wird ein Drittel des weitweiten Onlinehandels mobil abgewickelt. Auf dem Weg in die oder von der Arbeit wird eingekauft. Alexander Spickenreuther zum Umgang mit Kundendaten:

 

Ähnlich sieht das Thomas Heilmann von der Techniker-Krankenkasse. Der Kunde ist Herr seiner Daten - oder, angesichts der Wirklichkeit müsste er es sein.

 

Die Techniker Krankenkasse setzt auf Online. Nach den Angaben von Thomas Heilmann werden dabei nur wenige Daten erhoben. Diese werden auch nur in Deutschland gesichert und bei den Dienstleistern wird darauf geachtet, dass sie sicher sind. Einerseits hat die TK Apps wie Online-Yoga im Angebot, andererseits kann das Mitglied aus verschiedenen Angeboten auswählen:

 

Die heile Welt, die Spickenreuther und Heilmann zeichnen, wird durch die Wirklichkeit karikiert. Alexandra Helmstreit vom Bayerischen Landeskriminalamt hat erschreckende Zahlen: In Deutschland gibt es 14,7 Millionen Fälle von Internetkriminalität. Der Schaden: Rund 3,4 Milliarden Schaden. Pro Jahr. 84 Prozent der Fälle haben Phishing zur Grundlage. Vereinfacht gesagt ist das das Abgreifen der Zugangsdaten eines Users über gefälschte Internetadressen oder Websites. Kriminalhauptkommissarin Alexandra Helmstreit vom LKA rät zu Besonnenheit, wenn man Phishing-Opfer wurde:

 

Alleine in den ersten 9 Monaten 2015 hat das Bundesamt für Sicherheit in der Informationsrechnik (BSI) gut 168.000 Schadprogramme entdeckt.
Über solche Schadprogramme bekommen Kriminelle Zugang zum Rechner. Erste Faustregel: Bei einer entsprechenden Mail: Nichts anklicken. Und dann:

 

Übrigens werden nur rund 9 Prozent der Internet-Delikte angezeigt.
IMG_2543.v02Conclusio:
Selbst für mich als Internet-Junk waren die Zahlen und Erfahrungen interessant. Sicher auch ein Grund, die eigene Einstellung dem Netz gegenüber zu überprüfen. Ohne in Panik zu verfallen. Aber immer dran denken: Einer liest immer mit. Lieber einmal mehr aufmerksam sein.
Und: Das Internet an sich ist nicht böse. Aber auskennen sollte man sich.

Den Beitrag zum ersten Tag lesen und hören Sie hier.

Die Tagung wurde vom Verbraucherservice Bayern im KDFB in Zusammenarbeit mit der Akademie für politische Bildung Tutzing gehalten.

Der Bericht der Akademie für politische Bildung findet sich hier.

Steht die Privatsphäre vor dem Aus? – Vom Schutz und Umgang mit Daten

Tagung zu Schutz der Daten und Privatsphäre in Tutzing.

In der digitalisierten Welt gibt es eine neue Währung, das sind unsere Daten. Spart man sich mit der Preisgabe seiner persönlichen Daten bares Geld? Versicherungsrabatte für eine gesunde Lebensführung ebenso wie für achtsames Autofahren stehen im Raum. Sind dies sinnvolle Anreize oder bedeuten sie den Ausverkauf unserer Privatsphäre? Die Akademie für politische Bildung in Tutzing hat den Umgang mit Daten in möglichst vielen, unterschiedlichen Facetten beleuchtet.

Am ersten Tagungstag stand die Arbeit des Landesamtes für Datenschutz im Fokus, ein Ingenieur schilderte, was sich im Auto und unter dessen Motorhaube tut, die Digitale Gesellschaft versuchte für Grundrechte zu sensibilisieren und was es mit dem Smartmeter auf sich hat, war Schlusspunkt des Abends.

Auf Europaebene gibt es 27 Behörden, die sich um den Datenschutz kümmern. Deutschland ist quasi europäischer Sieger, denn hier haben wir 18 Datenschutzbehörden. Je eine für jedes Bundesland, dazu eine Bundesbeauftragte und Bayern hat eine Zweiteilung, private Unternehmen werden von einer zweiten Behörde kontrolliert. Dazu kommen noch die Datenschutzbeauftragten des Bayerischen Rundfunks, der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien und der evangelischen wie katholischen Kirche. Elisabeth Kraml ist Juristin beim Landesamt für Datenschutz. Sie und ihre 15 Kolleginnen und Kollegen in Ansbach sind Ansprechpartner für Datenschutzverstöße in Privatunternehmen:

 

Elisabeth Kraml räumte auch mit den Unsicherheiten auf, was zum Beispiel das Kopieren eines Ausweises angeht. Generell gilt: Es darf bis auf wenige Ausnahmen keine Kopie des Ausweises angefertigt werden.

 

Die Ansbacher kontrollieren dabei von der Dating-App bis zum Fitnessstudio alles, wo mit Daten anderer umgegangen wird.

Wem gehören die Daten meines Autos?

 

Udo Schüppel kümmert sich bei der FSD in Dresden um den Umgang mit Fahrzeugdaten.

Udo Schüppel befasst sich mit Autos und der Datensicherheit. Ein aktuelles Problem stellt sich zunehmend. Autos sind immer mehr vernetzt, sie erzeugen Daten. Wem gehören diese? Dem Hersteller oder dem Besitzer des Autos?
Schüppel zeigte anhand der Umfrage einer Autozeitschrift, dass zudem vielen Autofahrern überhaupt nicht bewusst ist, dass sie einen Rechner spazieren fahren:

 

Daneben greift Google auch immer auf alle verfügbaren Daten zu und erzeugt so beispielsweise Karten, auf denen man sieht, wo grade viel oder wenig Verkehr herrscht:

Grundrechte verteidigen!

Alexander Sander von der Digitalen Gesellschaft Berlin versuchte, für Datensicherheit und -schutz zu sensibilisieren.

Auf der Tagung versuchte auch Alexander Sander von der Digitalen Gesellschaft die Teilnehmer für Datensicherheit zu sensibilisieren. Pointiert brachte Sander das Verhältnis Regierung – Bürger auf den Satz: „Sie werden permanent wie ein Terrorist behandelt.“ Anhand einiger Beispiele zeigte er auch die Arbeitsweise von Bundesnachrichtendienst und anderen Schlapphüten. Dort werden alle Daten ausgewertet, derer die Geheimdienstler habhaft werden können. Gesetze, scheint es fast, gelten für sie weniger als für andere und wenn, dann werden sie geschickt umgangen. Viel Arbeit für Datenschutzaktivisten:

 

Das „Smartmeter“ und sein Datenhunger?

Kaum hat sich der Verbraucher an das eine gewohnt, folgt das nächste Ungemach: Heinrich Lang vom Institut für Energiedienstleistungen beschrieb, wie man Energie sparen könne. Er begleitet Unternehmen bei diesem Prozess seit Jahren. Auf den ersten Blick mag das nicht viel mit Daten zu tun haben. Aber schon in der Vergangenheit liessen sich bei großen Unternehmen Energieprofile erstellen. Den Teilnehmern der Tagung gelang es, aus zwei Schaubildern zum Stromverbrauch recht schnell zu erraten, dass es sich beim Verbraucher um eine Schule handeln müsse. Das alles kann schon jetzt der „kleine, schwarze Kasten“, also der Stromzähler. Der soll in den kommenden Jahren durch einen Nachfolger abgelöst werden: das sogenannte Smartmeter. Heinrich Lang spricht lieber von einem intelligenten Messsystem. Wenn die dort erhobenen Daten nach draußen gelangen, …

 

Am zweiten Tag der Tagung wird es unter anderem um Identitätsdiebstahl und die Handhabe von Gesundheitsdaten gehen. (Bericht hier.)

„Der wichtigste Schutz ist, dass man in der Masse untertaucht“

Dass das Internet alle Lebensbereiche verändert, hat sich herumgesprochen. Der eine akzeptiert das und spielt nach den neuen Regeln mit, der andere verweigert sich. Und Journalisten? Die bedienen sich des Internets, hinterlassen aber oft genug in sensiblen Situationen verräterische Spuren.
Auch ohne die (derzeit noch umzusetzende) Vorratsdatenspeicherung haben Wirtschaft, Staat und Geheimdienste genügend Mittel, Spuren zu erfassen, auszuwerten und zuzuordnen. Grund genug, ein Podium zu veranstalten, auf dem zwei Investigativ-Journalisten aus der Praxis erzählen.

Wolfgang Heinzel, Jan Berger, Wolfgang Messner und Peter Welchering diskutieren über investigativen Journalismus.

Peter Welchering betonte einmal mehr, dass viele Journalisten fahrlässig mit dem Internet umgingen. Sein Kollege Wolfgang Messner gibt Welchering Recht und beklagt seinerseits, dass er selbst wahrscheinlich im Netz zu viele Spuren hinterlasse, da ihm diesbezügliche Techniken nicht geläufig sind.
Und so sehr die E-Mail verschlüsselt werden sollte, so sehr schätzt Peter Welchering die Postkarte an Informanten:

 

Die Notwendigkeit zur Weiterbildung ist laut Welchering noch nicht in den Chefetagen der Medien angekommen.

 

Gibt es denn einen Unterschied zwischen Wirtschaft, Staat und Geheimdiensten? Wie macht sich bemerkbar, dass Geheimdienste einem auf der Spur sind? Peter Welchering gibt den Stand einer Recherche im Umfeld des Attentates auf die Redaktion von Charlie Hebdo wieder, der deutlich macht, wie sehr Journalisten überwacht werden.

 

Wenn Sie keinen Estrich legen können, können sie auch keine Fliesen legen

Die Vorratsdatenspeicherung - ist die nun schlecht oder gut? Zumindest klingt sie auf dem Papier ja sehr zahm. Und wie ist das mit dem Schutz von Journalisten und Whistleblowern? Gibt es Mittel, der Überwachung zu entgehen?

 

Ausblick: Wirken sich die neuen Techniken auf den Journalismus positiv aus? Wird es neue Formate geben? Oder muss man eher pessimistisch sein, was die Entwicklung angeht?

 

Das Gespräch moderierte Jan Berger, assistiert von Wolfgang Heinzel. Es fand am 28. Oktober auf Einladung des Fachausschusses Neue Technik/Online des DJV Baden-Württemberg statt.
Wolfgang Messner ist verheiratet und hat zwei Kinder. Seinen Job bei der Stuttgarter Zeitung hat er hingeschmissen. Nachdem er mehrere Preise gewonnen hatte, wurde er dem Verlag unbequem. Er will nun Journalisten in Recherche unterrichten.
Peter Welchering ist Journalist und Dozent. Er ist froh, für öffentlich-rechtliche Anstalten zu arbeiten, bei denen in heiklen Situationen schon mal Justiziare einen Schriftsatz aufsetzen. Er stimmt Messner zu, dass Verlage das meistens nicht mehr im Kreuz hätten.

Maaslos.

Nachdem der Bundesminister der Justiz in großartiger Weise erst die VDS befördern will, sich dann gegen die Gleichstellung stellt, mache ich am Sonntagmorgen die Nachrichten im Radio an.

Danach habe ich gefrühstückt.
Und nun darf sich jeder sein Teil denken.

Überwachender Bundesjustizminister (Symbolbild)