Am Freitag waren Pläne bekannt geworden, dass Ministerpräsident Seehofer gegen einen Konzertsaal-Neubau ist und stattdessen der Stadt München bei einem Neubau des Gasteigs mit zwei Sälen entgegenkommen will. In der Szene rumort es. Nun hat auch Professor Michael Piazolo, Freie Wähler und Vorsitzender des Kunst- und Wissenschaftsausschuss im Landtag, Seehofers Pläne kristisiert. In einer Pressemitteilung heißt es:
„Abgesehen davon, dass es einer planerischen Bankrotterklärung gleichkommt, ein mit Steuergeldern erbautes Gebäude nach gerade einmal 30 Jahren wieder abzureißen, wird durch einen Neubau an gleicher Stelle keine wesentliche Verbesserung erzielt. Im Gegenteil: gerade die während der Bauzeit entstehende mehrjährige Lücke im Münchner Konzertleben ist kaum verdaulich und birgt die Gefahr, dass München nachhaltig den Anschluss an die Weltspitze in diesem Feld verliert.“ Auch nach der Fertigstellung eines „Gasteig-Reloaded“ sei nicht ersichtlich, wo die vielen privat finanzierten und organisierten Konzertveranstaltungen unterkommen sollten, so Piazolo weiter. Es könne nicht sein, dass der Freistaat bei seinen Planungen diese künstlerisch höchst engagierte und ambitionierte Szene völlig missachte.
„Bei einem solchen Scheinkompromiss verlieren beinahe alle: Fans und Freunde der klassischen Musik in München sowie darüber hinaus private Konzertveranstalter, die Spitzenorchester und nicht zuletzt auch der Steuerzahler. Denn billiger wird eine solche Lösung sicher nicht: Abriss und Neubau bedeuten hingegen ein heute noch unabsehbares Kostenrisiko“, ist Piazolo sicher. Der Münchner Abgeordnete plädiert stattdessen dafür, sich ernsthaft um einen geeigneten Standort für einen eigenständigen Konzertsaal umzuschauen und macht deutlich: „Für mich ist die Lösung im Finanzgarten noch nicht vom Tisch. Sie birgt viele reizvolle Chancen – auch städteplanerisch. Ich würdige insbesondere die bisherigen Initiativen des Vereins ‚Konzertsaal München‘, der schon seit Jahren für eine sinnvolle Lösung an vorderster Front kämpft.“
Besonders verwundere es ihn, dass trotz der intensiv geführten Debatte die Stimme des zuständigen Kultusministers Ludwig Spaenle kaum vernehmbar sei. Piazolo: „Spaenles Wegducken – nur um im eigenen Stimmkreis nirgends anzuecken – bringt uns inhaltlich nicht weiter. Wo Mut gebraucht wird, zerstört kleinteilige Taktik die einmalige Chance, die sich der Kultur in München gerade bietet. Es wird Zeit, in unserer Stadt mit einem neuen Konzertsaal planerisch wieder einmal etwas zu riskieren!“
Reaktionen u.a. vom Pressesprecher des Sinfonieorchesters des Bayerischen Rundfunks und des Vorsitzenden des Konzertsaalvereins hat Antje Dörfner beim Bayerischen Rundfunk gesammelt.
Einen Kommentar von Heinrich graut’s lesen/hören sie hier.