G’red’t g’hört. Vom Spiel der Kommunikation.

Screenshot Online-Petition, Sonntag, 15.02.2020, 5:07 Uhr
Screenshot Online-Petition, Sonntag, 15.02.2020, 5:07 Uhr
„Jeder gemütskranke König in der 3. Generation wäre hier gerade hilfreicher als das armselige politische Personal des Freistaats Bayern, kann das sein?“ – Dieser Satz steht so auf der Seite 3 der Süddeutschen Zeitung vom 14./15.02.2020 und soll von Professor Bazon Brock stammen. Getätigt hat er ihn, so die SZ, auf der Geburtstagsfeier von Hubert Burda. Auf der soll der Konzertsaal München wohl auch ein Thema gewesen sein.
Die Bayern und das Gemüt. Dass in der Konzertsaaldebatte durchaus auf hohem Niveau diskutiert wird, Argumente statt Maßkrügen fliegen, ist ein augenfälliger Aspekt. Nicht, dass man dem Bayern attestieren müsse, er sei der Bierdimpfeligkeit entwachsen, das kann er zur rechten Zeit immer noch gut, nein: es ist auch nicht der vermeintlichen „Hochkultur“ geschuldet, dass hier emotional, aber ohne Dreck zu werfen diskutiert wird. Der Konzertsaal ist Gegnern wie Befürwortern ein Herzensanliegen. Wenn man, so wie ich, Twitter durchfiltert nach „#Konzertsaal” oder „Konzertsaal“. Vielleicht fallen die kritischen Stimmen auch nur deswegen nicht so auf, weil sie den Hashtag meiden - oder meine Filterbubble zuschlägt. Wobei ich meine Follower nicht nach Gegner- oder Befürworterschaft sortiere.
Sicher hat München größere und drängendere Probleme als einen Konzertsaal. Flüchtlinge, allgemeine Wohnungsnot, ein allgemeines Preisniveau, dass einen die Ohren anlegen lässt, die Liste ließe sich lang fortsetzen. Und in Abrede mag niemand stellen, dass der Konzertsaal eher ein Thema weniger Menschen denn der breiten Masse ist. Und doch: Vergessen wir nicht, dass das Drumherum um einen Konzertsaal nicht zu vernachlässigen ist. So ein Konzertsaal ist ja nicht nur ein seelenloser Betonklotz, der in der Gegend steht, er ist erfüllt mit Leben und erfüllt andere Zweige mit Leben, die Bauwirtschaft, den Tourismus allgemein und, ja, die „Konzerttouristikbranche“ im Speziellen. Apropos Konzerttouristikbranche: Eine schon (teils spöttisch) diskutierte Variante zu einem Konzertsaal in München wäre eine ausgeprägte Reisetätigkeit gerade des vornehmlich heimatlosen Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Die Busse des BRSO wären dicht gefolgt von den Bussen der Konzertbesucher, die durch Bayern und seine Gauen fahren würden. Die Busunternehmer würden sich die Hände reiben. Und wie ich diese Branche kenne, gäbe es schnell findige Unternehmer, die das Glas Prosecco und Fingerfood bei Hin- und Rücktransport einpreisten, mit entsprechendem Aufschlag versähen und gut verdienten. Abgesehen von den Bildern, die in meinem Kopf ablaufen, weil ich die Busbranche nach zehn Jahren als Fahrer doch recht gut kenne, ist da wenig dran, dem der „gemeine“ Konzertinteressent etwas Angenehmes abringen könnte.

Das schlechte Schweigen

Das Neue Odeon im Ensemble. (Entwurf: Markus Krempels)
Das Neue Odeon im Ensemble. (Entwurf: Markus Krempels)
Die Debatte ist also in vollem Gange. Und als sicher darf gelten, dass man in der Staatskanzlei sehr wohl wahrnimmt, welcher Protest sich regt. Vom Bariton Christian Gerhaher, der im Konzert um Protest bittet bis hin zu Dirigent Andrea Marcon, der den Text einer zuvor von ihm dirigierten Bach-Kantate rezitiert und auf München münzt.
Auffällig ruhig sind die Münchner Philharmoniker. Das mag das wenig verwundern. Sie sind in Lohn und Brot der Stadt. Und wes‘ Brot ich ess‘, des Gasteig-Umbau begrüße ich. Nur: Hilft Schweigen der Sache?
Es mutet an, als ob das Schweigen für einen verbesserten Konzertsaal im Gasteig in Kauf genommen würde um einer Stagnation des Musiklebens in München. Denn: auch nach einem Umbau gibt es keinen Platz mehr für die wachsende Zahl der Klassikfreunde.
Zumal das Schweigen auch noch eine unheilige Folge hat: Es ist ja nicht nur der Wettbewerb der Münchener Orchester und die Stagnation in der Entwicklung, sondern: Es wird weiterhin keine Planungssicherheit geben. Weder für Philharmoniker, Symphonieorchester, private Konzertveranstalter noch - international. Viele „Stars“ meiden den Gasteig wegen der Akustik, meiden also München mit seinem lebendigen Klassikleben. Schon jetzt. Und das soll sich bessern mit einem Wanderzirkus zwischen Herkulessaal und Gasteig?
Aus diesem Traum sollten die Philharmoniker aufwachen.

Und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks?

Die Musiker, die Dirigenten, der Manager - sie äußern sich treffend, wie schon oben am Beispiel von Andrea Marcon gezeigt.
Also alles gut?
Was mir fehlt: Nicht alle zur Verfügung stehenden Kanäle werden bespielt und ausgezunutzt. Das punktuelle Schweigen und Nicht-Gebrauchen eines eigenen Kommunikationsweges ist aber eher unklug, wenn man das gute Ziel einer „eigenen“ Heimstatt verfolgt. Alleine, um den derzeit zwischen ziemlich vielen Fronten stehenden Intendanten Ulrich Wilhelm zu entlasten und gewissermaßen aus der Schusslinie zu kriegen, wären einfache Informationen hilfreich. Mit Bordmitteln, wie ich als Linuxer sagen würde. Die Kolleginnen und Kollegen Journalisten im Funk mühen sich. Der Konzertsaalverein müht sich, über 10.000 Münchner, die die Petition bislang unterzeichneten, sind kein Pappenstil. Die Freunde des Symphonieorchesters sind rührig.

Was kostet eigentlich so ein Konzert im Hintergrund? Logistisch: Was kostet ein Transport von Instrumenten, Noten, Notenständern, Kleiderkoffern, Zubehör? Was kosten die Männer/Frauen, die den Transport, den Aufbau und Abbau bewerkstelligen? Was kostet die Saalmiete? Und daraus resultierend: Wie setzt sich ein Defizit zusammen, vielleicht auch im Hinblick auf den Herkulessaal? Das und andere Posten sind Argumente, um Verständnis dafür einzuwerben, dass der BR den Konzertsaal nicht mitfinanzieren darf, gleichwohl aber Kosten auf sich nimmt, um Musik zu Gehör zu bringen. Dürre Zahlen.
Dürre Zahlen, die dem einen oder anderen Bayern das Gemüt beruhigen würden und ihn vielleicht auch zu einer anderen Entscheidung bewegten.
Einen zusätzlichen Konzertsaal für München zu bekommen, ist nämlich gar nicht so abwegig, auch wenn der Beschluss von Staatsregierung und Mehrheit des Landtages derzeit entgegensteht.

Konzertsaaldebatte im Landtag: Bankrotterklärung oder Neubeginn?

Blick ins Plenum des Bayerischen Landtags
Blick ins Plenum des Bayerischen Landtags
Hitzige Debatte im Landtag um den Konzertsaal. Vier Anträge von vier Fraktionen und erwartungsgemäß kam der von der CSU durch. Nichtsdestotrotz zeigte die Debatte sehr deutlich, wer auf welcher Seite steht. Am überraschendsten dabei vielleicht, was sich bei der gestrigen Diskussion im Bayerischen Fernsehen abzeichnete: Isabell Zacharias von der SPD ging auf Kuschelkurs zu Staatsminister Spaenle, sprach sogar von Horst Seehofer pathetisch als „ihrem Ministerpräsidenten”. Ein Zeichen dafür, dass die Pro-Konzertsaal-Fraktion um Markus Rinderspacher in der SPD zu bröckeln scheint. Den Anfang in der Debatte machte Michael Piazolo, Vorsitzender des Wissenschaftsausschusses, Freier Wähler und durchaus als kunstsinniger Mensch bekannt. Auszüge aus seinem Redebeitrag:

Und nach dieser Schelte schwang sich Piazolo auf zu fast unbekannten Höhen. Das „Stagione-Prinzip” verdammte er in Grund und Boden. Das bedeutet, dass Philharmoniker und Symphonieorchester sich alle 14 Tage in den Spielstätten Gasteig und Herkulessaal abwechseln sollen:

…um dann die Enttäuschung des Volkes in den Landtag zu tragen:

Gleichwohl ist sich Michael Piazolo sicher, dass die „Basta-Lösung“ nicht kommen wird.
Gudrun Fischer-Brendel ergriff für die CSU das Wort, sprach davon, dass sie kein Verständnis für die Aufregung habe und forderte Geschlossenheit im Sinne der Orchester. Und brachte ins Spiel, dass das BR Symphonieorchester ja durch Bayern auf Reisen gehen könne.

Isabell Zacharias von der SPD, bekannt für ihre friesisch-herbe Art, versuchte das Plenum zu vereinnahmen und beschwor die Große Koalition zwischen Landes- und Stadtregierung:

Auftritt Sepp Dürr, Grüne.

Staatsminister Ludwig Spaenle, in dessen Ressort die Konzertsäle fallen, sprach davon, dass er mit der Übernahme des Ressorts eine verfahrene Situation vorgefunden habe. „Quasi nur ein Zettel, auf dem Finanzgarten stand“:

Und auch Spaenle brachte den Gedanken ins Spiel, dass gerade das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks vermehrt durch Bayern touren solle, um einen Ausgleich der Kultur in die Fläche zu ermöglichen. Dazu soll nochmals geprüft werden, ob man nicht doch auf der Museumsinsel eine Ersatzspielstätte habe:

Spaenle erinnerte eindringlich daran, dass auch der Bayerische Rundfunk eine Verpflichtung habe, sich einzubringen. Er schloss mit einem Appell an alle Enttäuschten über die Entscheidung:

Die Debatte wird sicher noch weiter geführt werden (müssen).

„Kaffeesatzleserei“: Heftige Kritik am Konzertsaalbeschluss der Staatsregierung

Wird das je Wirklichkeit? Galeriestraße - der Blick auf das Neue Odeon mit Plantanen. (Entwurf M. Krempels)
Wird das je Wirklichkeit? Galeriestraße - der Blick auf das Neue Odeon mit Plantanen. (Entwurf M. Krempels)
Heute hat das Bayerische Kabinett den sogenannten „Konzertsaalbeschluss“ verabschiedet. Demnach habe eine von Freistaat und Landeshauptstadt eingesetzte Arbeitsgruppe ergeben, dass der Konzertsaal im Gasteig von zwei Orchestern genutzt werden könne. Außerdem stehe ein realisierbarer Standort für einen weiteren Konzertsaal derzeit nicht zur Verfügung. Die Vereinbarung von Ministerpräsident Horst Seehofer und Oberbürgermeister Dieter Reiter beinhalte deshalb, die Verbesserung der bestehenden beiden großen symphonischen Konzertsäle in München, der Philharmonie im Gasteig und des Herkulessaals in der Residenz, gemeinsam weiter zu betreiben. Damit biete sich erstmals die Chance, eine tragfähige und realistische Entscheidung in überschaubarer Zeit zu Gunsten des Klassikstandorts München zu treffen – nach jahrzehntelanger öffentlicher Diskussion und intensiver Standortsuche, in der rund 40 alternative Standorte in München geprüft und wieder verworfen wurden.

Kunstminister Dr. Spaenle:

„Die Bayerische Staatsregierung bekennt sich ganz klar zu ihrer Verantwortung für den Musik- und Kulturstandort Bayern. Dazu gehören auch adäquate Spielstätten für unsere beiden Spitzenorchester in München. Das war Gegenstand der Regierungserklärung 2013 und gilt nach wie vor. Wir wollen nun gemeinsam mit der Landeshauptstadt München eine deutliche Verbesserung für die Musikwelt in München erreichen. Die gefunden Zwillingslösung mit Gasteig und Herkulessaal bedarf noch weiterer Verhandlungen. Unsere Prämissen sind, dass für die beiden Orchester ein gemeinsames Nutzungskonzept erstellt wird, geeignete Ausweichspielstätten zu finden sind und der Herkulessaal entsprechend aufgewertet werden kann.“

(Quelle: PM des Staatsministeriums)

Das meint die Opposition dazu:

Dr. Sepp Dürr, Grüne sieht reine Kaffeesatzleserei:

„Es ist jetzt schon absehbar, dass das letzte Wort in Sachen Konzertsaal noch nicht gesprochen ist. Es ist geradezu Markenkern der Administration Seehofer II, dass sie Entscheidungen eben nicht trifft, sondern sich von äußeren Entwicklungen treiben lässt und deshalb immer wieder zu Kurswechseln gezwungen wird.
Das Kultusministerium gibt eine Studie in Auftrag, hält sie gegenüber dem zuständigen Kultusausschuss aber unter Verschluss. Der Minister diskutiert mit Gott und der Welt, bleibt dem Landtag aber entscheidungsreife Alternativvorschläge und tragfähige Finanzierungskonzepte schuldig. Das ist in höchstem Maße undemokratisch und ineffizient.“

Am Ergebnis der von Minister Spaenle beauftragten Metrum-Studie äußert Sepp Dürr erhebliche Zweifel. „Dieses Institut ist schon einmal durch ein Gefälligkeitsgutachten aufgefallen“, erinnert er an eine Arbeit zur möglichen Doppelbelegung der Philharmonie im Gasteig. Die Auslastungsprognosen für einen dritten Konzertsaal nennt Sepp Dürr „Kaffeesatzleserei. Angebot schafft Nachfrage insbesondere an einem Wachstumsstandort wie München. Das Verteilen vorhandener Besucherzahlen von zwei auf drei Säle ist keine Studie, sondern ein wissenschaftliches Lausbubenstück!“

Die Freien Wähler wollen unterdessen einen Dringlichkeitsantrag ins Parlament einbringen.
Prof. Michael Piazolo, Freie Wähler:

„Darüber hinaus soll die Staatsregierung die Planungen für den neuen Konzertsaal in ein gesamtbayerisches Kulturkonzept einbetten“, sagt Piazolo und übt gleichzeitig scharfe Kritik am Konzertsaalbeschluss von Ministerpräsident Seehofer und Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter: „Das ist viel teurer als ein Neubau und zugleich ein Schlag gegen den Kulturstandort Bayern.“ Der angekündigte Umbau des Gasteigs und der damit verbundene Verzicht auf den Neubau eines Konzertsaals stoße in Teilen der Bevölkerung, bei Akustikexperten und Kulturschaffenden auf Unverständnis und massive Kritik. „Nach Auffassung der FREIEN WÄHLER ist die Notwendigkeit eines Konzertsaalneubaus unbestreitbar, sofern München auch künftig seinem internationalen Ruf als Kunstmetropole gerecht werden soll. Ich rufe Seehofer und Reiter daher zu einem raschen Umdenken auf.“

Im Sinne des Verfassungsziels gleichwertiger Lebensverhältnisse in ganz Bayern müsse die Staatsregierung darüber hinaus dafür sorgen, dass auch in anderen bayerischen Städten hochwertige Kulturangebote zur Verfügung stehen, so Piazolo.

Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Markus Rinderspacher, erklärte in einer Pressemitteilung:

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Markus Rinderspacher appelliert an die Staatsregierung, dem Neubau eines weiteren Konzertsaals in München sofort zuzustimmen. Aus den Unterlagen, die heute dem Kabinett vorliegen, geht laut Medienberichten hervor, dass Ministerpräsident Horst Seehofer sich die Option für einen dritten Konzertsaal in der Landeshauptstadt offen hält*. Der SPD-Fraktionschef im Landtag plädiert daher dafür, Nägel mit Köpfen zu machen: „Wir sollten keine wertvolle Zeit und planerischen Kapazitäten fehlleiten und vergeuden und umgehend die Weichen für einen Neubau stellen. Ich erinnere den Ministerpräsidenten nochmals an sein Versprechen, das er den Münchner Bürgerinnen und Bürgern in seiner Regierungserklärung 2013 gegeben hat.“

Rinderspacher vermisst ohnehin die konkrete Untermauerung der Absichtserklärung eines „Neubaus im Gasteig“: „Ich sehe hier so viele Fragezeichen und Kostenrisiken, die die Weiterverfolgung dieses Projekts auf der gesamten Wegstrecke überaus fraglich erscheinen lassen“, kritisiert Rinderspacher.

Der SPD-Fraktionschef hatte sich in einem Schreiben an Kultusminister Spaenle Anfang Februar für den Vorschlag ausgesprochen, ein neues Odeon am Finanzgarten zu errichten. Das Areal liege in der Nähe anderer Kulturinstitutionen und sei gut erreichbar. Innerhalb eines Jahres könnte der Freistaat den Standort auf seine Bespielbarkeit prüfen und Umweltfragen klären. „Wie schade, dass nach der guten Vorarbeit Ihres Ministeriums die Chance zur städtebaulichen Schöpferkraft nicht weiterverfolgt wurde“, schrieb Rinderspacher.

Hinweis:
Sie können sich für einen Konzertsaal einsetzen, die Petition zeichnen Sie hier.

  • Nach Kenntnisstand heute mittag (PK mit StM Marcel Huber) soll die Option eines zusätzlichen Standorts aus der Kabinettsvorlage gestrichen worden sein.

Dokumentiert: Der offene Brief des Konzertsaalvereins

Zur präferierten Gasteig-Sanierung: Auf Kosten und Qualität achten und
Alternativen bereithalten

Der Konzertsaalverein München protestiert gegen die von Ministerpräsident Seehofer und Oberbürgermeister Reiter gegenwärtig präferierte Lösung, anstelle des von Ministerpräsident Seehofer wiederholt versprochenen zusätzlichen neuen Konzertsaals nunmehr lediglich die vorhandenen Konzertsäle Philharmonie im Gasteig und Herkulessaal der Residenz zu sanieren.

Damit wird nicht die dringend notwendige Kapazitätserweiterung geschaffen, sondern der derzeitige Zustand festgeschrieben, der zu dauerhaften, auch wirtschaftlichen Einschränkungen des Münchner Konzertbetriebs führt und dem konzertanten Musikleben in München eine dringend notwendige Expansionsmöglichkeit vor allem auch für die Jugendförderung verhindert.
München wird dadurch schon in naher Zukunft seine führende Position als Musikstadt für konzertante Musik nicht mehr behaupten können. Die gegen die Entscheidung bereits erfolgten stürmischen Proteste von tausenden von Bürgern in der Stadt und auch von außerhalb sowie die negativen internationalen Pressereaktionen zeigen, dass hier eine unhaltbare Absicht verfolgt wird, die bereits jetzt dem Standort München einen schweren Schaden zugefügt hat.

Wir fordern daher,

1) die verantwortlichen Politiker von Staat und Stadt auf, die jetzt präferierte Zielsetzung zu überdenken. Die Argumente, die für diese Präferenz wiedergeben werden, sind fragwürdig und durch keinerlei Untersuchungen oder Verfahren objektiv belegt;

2) in den kommenden Verhandlungen zwischen Staat und Stadt sollen und müssen ganz entscheidende ungeklärte Fragen behandelt werden, wie vor allem exakte Kosten eines Umbaus der Philharmonie im Gasteig unter der Zielsetzung eine Spitzenakustik zu erreichen, Belegungspläne für Münchner Philharmoniker, BR-Sinfonieorchester und Drittveranstalter in Philharmonie und Herkulessaal, belastbare Kalkulationen über die Dauer des Betriebsausfalles während der Umbauphase für die Philharmonie sowie konkrete Benennung von Interims-Aufführungsstätten und deren konkrete Betriebsbedingungen.

Es zeichnet sich mit einer hohen Wahrscheinlichkeit ab, dass auch hier wesentliche Fragen nicht ausreichend beantwortet werden können oder zu nicht ausreichend lösbaren Problemen führen. Deshalb fordern wir die Bereitschaft zu Offenheit für bessere Lösungsalternativen.

Wir werden den Verhandlungsprozess aufmerksam begleiten und fordern angesichts der zu erwartenden hohen Kosten und Probleme ein für alle Bürger transparentes Verfahren. Insbesondere muss nachvollziehbar geklärt werden, mit welchen Kosten bei einem qualifizierten Umbau zu rechnen ist sowie, welche tatsächlichen Qualitätsveränderungen vorgesehen sind. Bei der leidvoll erfahrenen Neigung der politisch Verantwortlichen zu unzureichenden Minimallösungen ist die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, dass am Ende, um Kosten zu sparen, nur noch eine qualifizierte Schönheitsreparatur herauskommt.

3) Besonders unverständlich ist es, dass der wiederholt von der fachlich hochkarätig besetzten Arbeitsgruppe im Kultusministerium vorgeschlagene Standort für einen neuen Konzertsaal an der Galeriestraße am Rande des Finanzgartens verfahrensmäßig nicht weiter untersucht, sondern mit unbewiesenen Befürchtungen unberücksichtigt blieb.

Wir fordern daher, die Untersuchungen dazu auch parallel zur jetzt beschlossenen Präferenz weiter zu führen, um bei den zu erwartenden Problemen bei den Verhandlungen von Staat und Stadt kalkulierbare Alternativen zeitnah zur Verfügung zu haben.

Durch einen städtebaulichen Ideenwettbewerb können die sensiblen Punkte am Standort Galeriestraße (Bau eines neuen Konzertsaals mit Tiefgarage und erste Kostenermittlungen, geringstmöglicher Eingriff in den Finanzgarten mit verbesserter Wahrnehmbarkeit und Zugänglichkeit, bürgerfreundliche Aufwertung des dortigen Quartiers der Altstadt) abgeklärt und die dafür notwendigen Entscheidungsgrundlagen erarbeitet werden mit der Chance, über dieses transparente Verfahren eine breite Zustimmung in der Bürgerschaft zu finden.

Dieser Brief ist 1:1 übernommen und kommt vom Konzertsaalverein.

Hinweis:
Sie können sich für einen Konzertsaal einsetzen, die Petition zeichnen Sie hier.

„Guten Morgen, Ihr Dorfplatz*schönheitinnen und Dorfplatz*schönheiten“

(*München ohne Konzertsaal)

Dem einen oder der anderen mag es aufgefallen sein, dass ich seit ein paar Tagen den Tag auf Twitter mit dieser Begrüßung beginne und abends analog beende:

Die Erklärung:

Mir ist der Neubau eines Konzertsaals wichtig und es ist eine der wenigen Herzblutsachen, die ich mir erlaube.
Nach dem Zweiten Weltkrieg hat der Bayerische Rundfunk sein berühmtes Signet „Solang der Alte Peter“ unvollständig gespielt, bis die Münchner Kirche, ein Wahrzeichen, wieder aufgebaut war. (Zur Geschichte des „Sigi“ ein Exkurs des Bayerischen Rundfunks)
Da ich immer noch Hoffnung habe, dass sich Landes- und Stadtregierung besinnen, werde ich bis zu einer entsprechenden Beschlussfassung mit diesem Gruß beginnen und enden.

Ich hoffe für Sie, meine Follower, dass das nicht allzulange dauert. ;)

Wer die Einsicht unserer Politiker befördern will, ist herzlich eingeladen, diese Petition mitzuzeichnen.

Ich danke für Ihr/Euer Mitzeichnen und Verständnis.

Kulturkoryphäenversagen

Kommentar

(Audio, 4:04 / 4 MB)

Man mag der klassischen Musik und ihrem Konzertbetrieb zugetan sein, wie man will.
Man mag auch bejammern, dass zuallererst immer die Klassische und dann die Popular-Musik Beachtung und Förderung erfahre.

Man mag sich aber auch vergegenwärtigen, dass in der Popular-Musik kein ständig präsent - und damit vor Ort - gehaltenes Orchester eine Spielstätte braucht.

Sind derer dann noch zwei vor Ort und rechnet man die freien Veranstalter nebst Gastkonzerten von Orchestern anderer Städte hinzu, dann haben wir Münchner Verhältnisse.

Der Herkulessaal ist zu klein und sanierungsbedürftig, das Prinzregententheater noch beengter. Das Symphonieorchester des BR samt Chor hätte quasi keinen Platz. Und die Sitzplätze sind im Prinze noch weniger als im Herkulessaal.

Somit hat München zwei Spitzenorchester, das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und die Münchner Philharmoniker und eine Spielstätte, die alle Nachfragen befriedigen muss. Denn, auch das darf den Pop-Junkies getrost gesagt werden: Der Gasteig ist meistens ausverkauft und draußen stehen Menschen, die noch auf eine Karte hoffen. Und das bei einer Größenordnung über 2000 Sitzplätze. Ein stationär vor Ort lebender Pop-künstler würde das nicht mehrfach im Jahr bzw. Monat schaffen.

Das einmal als Erklärung für die, die ständig jammern, dass München doch den Gasteig und den Herkulessaal habe und deswegen kein weiterer Konzertsaal nötig sei.

Das aber auch als Watschn für die Kulturkoryphäen der Landes- und Stadtpolitik in München, die leichtfertig ein deutliche Aufwertung in der Weltklasse der Orchester und Spielorte vergeigt haben.

Wer sich die Spielpläne von Philharmonikern und Symphonieorchester ansieht, merkt, dass diese anspruchsvoll gefüllt sind. Dazu kommen dann im Gasteig noch die Konzerte, die private Veranstalter durchführen wollen. Auch hier gilt: Bei über 2000 Sitzplätzen ist meistens ausverkauft.
Da wird ein Konzertbetrieb schnell zum Anzug, der aus den Nähten platzt. Schlimmer noch: Konzerte und Veranstaltungen müssen abgesagt werden, weil die Spielstätte Philharmonie im Gasteig durch die zwei Münchner Orchester belegt ist. Hinzu kommen die Auf- und Abbauzeiten.

Und in diese angespannte Situation fahren Horst Seehofer und Dieter Reiter wie zwei Dampfwalzen und machen die Pläne zum Bau eines neuen Konzertsaales platt.

Dass wir uns richtig verstehen: Erklärtes Ziel des Bayerischen Ministerpräsidenten war: Ein neuer Konzertsaal. Nach seiner Auffassung hält er diese Zusage: Die heute wohl fix gemachte „Entkernung“ des Gebäudes und den darauf folgenden Neubau innen hält der Ingolstädter Hütchenspieler für das Ei des Kolumbus bzw. für so weit tragfähig, dass man ihm keinen Wortbruch vorwerfen könne.

Schlimmer: Er mag vielleicht am Wortbruch noch grade vorbeischrammen. Es ist Seehofersche Volksverdummung wie bei der parallel zu beerdigenden Energiewende, es ist Populismus in Reinkultur, das Abwatschen eines Expertengremiums und seines Staatsministers Spaenle, der sich einem Mäusle gleich nicht mehr raustraut.

Dabei fällt eine weitere Parallele zur Energiewende auf: Hier hat Seehofer das Ergebnis des heute erst stattfindenden Abschluss des Energiedialogs vorausgenommen. Und am Mittwoch sollte der zuständige Minister Spaenle im Landtagsausschuss zum Stand des Konzertsaals sprechen.
Hinfällig, Seehofer hat’s wieder mal in letzter Minute torpediert.

Und wo während der Umbauzeit des Gasteigs konzertiert wird, ist auch nicht zu benennen. Es gibt keine adäquat großen Spielstätten, die die Kosten einigermaßen hereinspielen könnten.

Alles in allem ist es eine der großen, unverständlichen Entscheidungen des Ministerpräsidenten und des Oberbürgermeisters Reiter, den Kulturstandort München so derart an die Wand zu fahren.

Zum Trost: Als Gustav Adolf von Schweden im Jahre 1632 über den Gasteig nach München kam und die Stadt besetzte, waren die Spuren auch ein paar Jahre später nicht mehr zu sehen.

Hinweis:
Sie können sich für einen Konzertsaal einsetzen, die Petition zeichnen Sie hier.

Konzertsaal: Michael Piazolo kritisiert Seehofers Pläne

So könnte ein neuer Konzertsaal am Finanzgarten aussehen: Der Innenraum des Neuen Odeons, die Symbiose von Natur, Bau und Kunst. (Entwurf M. Krempels)
So könnte ein neuer Konzertsaal am Finanzgarten aussehen: Der Innenraum des Neuen Odeons, die Symbiose von Natur, Bau und Kunst. (Entwurf M. Krempels)

Am Freitag waren Pläne bekannt geworden, dass Ministerpräsident Seehofer gegen einen Konzertsaal-Neubau ist und stattdessen der Stadt München bei einem Neubau des Gasteigs mit zwei Sälen entgegenkommen will. In der Szene rumort es. Nun hat auch Professor Michael Piazolo, Freie Wähler und Vorsitzender des Kunst- und Wissenschaftsausschuss im Landtag, Seehofers Pläne kristisiert. In einer Pressemitteilung heißt es:

„Abgesehen davon, dass es einer planerischen Bankrotterklärung gleichkommt, ein mit Steuergeldern erbautes Gebäude nach gerade einmal 30 Jahren wieder abzureißen, wird durch einen Neubau an gleicher Stelle keine wesentliche Verbesserung erzielt. Im Gegenteil: gerade die während der Bauzeit entstehende mehrjährige Lücke im Münchner Konzertleben ist kaum verdaulich und birgt die Gefahr, dass München nachhaltig den Anschluss an die Weltspitze in diesem Feld verliert.“ Auch nach der Fertigstellung eines „Gasteig-Reloaded“ sei nicht ersichtlich, wo die vielen privat finanzierten und organisierten Konzertveranstaltungen unterkommen sollten, so Piazolo weiter. Es könne nicht sein, dass der Freistaat bei seinen Planungen diese künstlerisch höchst engagierte und ambitionierte Szene völlig missachte.

„Bei einem solchen Scheinkompromiss verlieren beinahe alle: Fans und Freunde der klassischen Musik in München sowie darüber hinaus private Konzertveranstalter, die Spitzenorchester und nicht zuletzt auch der Steuerzahler. Denn billiger wird eine solche Lösung sicher nicht: Abriss und Neubau bedeuten hingegen ein heute noch unabsehbares Kostenrisiko“, ist Piazolo sicher. Der Münchner Abgeordnete plädiert stattdessen dafür, sich ernsthaft um einen geeigneten Standort für einen eigenständigen Konzertsaal umzuschauen und macht deutlich: „Für mich ist die Lösung im Finanzgarten noch nicht vom Tisch. Sie birgt viele reizvolle Chancen – auch städteplanerisch. Ich würdige insbesondere die bisherigen Initiativen des Vereins ‚Konzertsaal München‘, der schon seit Jahren für eine sinnvolle Lösung an vorderster Front kämpft.“

Besonders verwundere es ihn, dass trotz der intensiv geführten Debatte die Stimme des zuständigen Kultusministers Ludwig Spaenle kaum vernehmbar sei. Piazolo: „Spaenles Wegducken – nur um im eigenen Stimmkreis nirgends anzuecken – bringt uns inhaltlich nicht weiter. Wo Mut gebraucht wird, zerstört kleinteilige Taktik die einmalige Chance, die sich der Kultur in München gerade bietet. Es wird Zeit, in unserer Stadt mit einem neuen Konzertsaal planerisch wieder einmal etwas zu riskieren!“

Reaktionen u.a. vom Pressesprecher des Sinfonieorchesters des Bayerischen Rundfunks und des Vorsitzenden des Konzertsaalvereins hat Antje Dörfner beim Bayerischen Rundfunk gesammelt.

Einen Kommentar von Heinrich graut’s lesen/hören sie hier.

Konzertsaal: Abriss des Gasteigs im Gespräch

Zwischenruf

Der Gasteig in den frühen Morgenstunden. (Smartphone-Foto)
Sollte sich bewahrheiten, was Süddeutsche Zeitung und Bayerischer Rundfunk berichten, ist der Konzertsaal für München wohl gestorben.
Für München wird das ein hartes Stück werden. Nicht nur für die Liebhaber klassischer Konzerte, sondern auch für die beiden Orchester, die privaten Konzertveranstalter und die, die sonst noch den Gasteig bevölkerten. Und da ist viel Kultur abseits des Konzertbetriebes.

Nochmals klar gemacht:

· Weniger Karten für Abonnenten, da weniger Plätze vorhanden sind.
· Der Herkulessaal fasst lange nicht die Massen des Gasteigs.
· Über drei bis fünf Jahre eine doch bedeutende Spielstätte weniger.
· Noch mehr Koordinationsprobleme der zwei großen Orchester (BRSO und Philharmoniker)
· Keine bespielbaren Ausweichstätten vergleichbarer Größe

Hier wird grade ohne Not der Ruf Münchens als Stadt der exzellenten Orchester mutwillig aufs Spiel gesetzt. Von Landes- und Stadtpolitikern, die grade wenig Weitblick beweisen. Denn ernsthaft, welcher großartige Dirigent (und München hat derer in den letzten Jahrzehnten viele in Reihe gehabt!) würde sich mit einer mehr oder minder Kammerorchester-Situation und den aus der Platznot resultierenden Aufführungsbeschränkungen noch nach München locken lassen?

Zu hinterfragen ist, inwieweit die erneute Volte von Horst Seehofer dem Ansinnen der Münchner CSU geschuldet ist, die sich wohl gegen einen Konzertsaal ausspricht.

Oder, wie der himmlische (und wohl ungehörte) Ratgeber der Staatsregierung grantelt:

Nächste Runde: Konzertsaal und Gasteig.

Eine Pressemitteilung von Piraten/Hut/FDP im Münchner Stadtrat

Kulturpolitische Bankrotterklärung
Antwort auf die Anfrage der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen / Rosa Liste zu den zwei Konzertsälen im Gasteig

Dr. Wolfgang Heubisch (FDP, Mitglied im Kulturausschuss):
„Zwei Konzertsäle im Gasteig mögen zwar interessant klingen, sind aber völlig realitätsfern.
Es besteht die große Gefahr, dass trotz aller gegenseitiger Beteuerungen das hervorragende und anerkannte Kulturzentrum im Gasteig zerschlagen wird.

Man kann von einem Kulturreferenten erwarten, dass er sich für die Interessen der Landeshauptstadt München nachhaltig einsetzt und die Finanzierung durch den Freistaat, einen neuen Konzertsaal an einen neuen Standort zu bauen, unterstützt.
Das Desinteresse des Kulturreferenten ist als kulturpolitische Bankrotterklärung zu werten.
Selbst Kulturbürgermeister Josef Schmid, der sich noch vor Weihnachten für einen eigenständigen neuen Konzertsaal ausgesprochen hat, scheint den Plänen skeptisch gegenüber zu stehen, dass der Umbau des Gasteigs ohne kulturelle Substanzverluste durchgeführt werden kann.“