Zwischen Klassik und Kommunikation

Die S-Bahn München. (Archiv)

Es gibt Wochen im Jahr, die so ganz nach meinem Geschmack sind. Diese Woche ist so eine. Sehr schöne Termine erwarten mich.

Am Montagabend bin ich wieder einmal (genauer gesagt zum dritten Mal) in der Stuttgarter Oper. Nachdem ich schon über zwei Tweetups zur #twoper Beiträge gemacht habe, darf ich mich auf „The Fairy Queen“ freuen. Hier gibt es meine Berichte zu Jenufa in der Inszenierung von Calixto Bieito und zum Rosenkavalier.

Am Dienstag geht es dann nach Dortmund. Dort twittere ich live vor und nach dem Konzert – und auch aus dem Konzert der Dortmunder Philharmoniker. Das Motto: #traumwelten. Ich bin neben dem Orchester und den Werken von Ravel, Rachmaninow und Saint-Saëns natürlich auch auf den Konzertsaal gespannt.

Donnerstag ist dann Plenum im Bayerischen Landtag.
Von Freitag bis Sonntag bin ich dann in der Akademie für politische Bildung in Tutzing. Hier geht es um Medienkommunikation und Sozialwelten im Wandel. Beim letzten Mal in der Akademie ging es um Datenschutz und Privatsphäre. Kann man auch lesen und hören.

Hinweis: Sollte Ihnen meine Berichterstattung gefallen – ich komme auch gerne zu Ihnen. Kontaktmöglichkeiten im Impressum.

Neulich … in Langenpreising, an einer Bushaltestelle…

Freitagmorgen, 6.45 Uhr, an einer Bushaltestelle im oberbayerischen Langenpreising: Jugendliche auf dem Weg zur Schule. Einer zieht sein Smartphone raus, stöpselt den Kopfhörer ab und sagt zu seinen Freunden: „Ey, ich hab’ die Anstalt gezogen.“

 

Gemeint ist die Kabarett/Satire-Sendung im ZDF. Und dann stehen die Jungs wie um ein Lagerfeuer und an mein Ohr klingt der Eröffnungsmonolog von Alfons.
Es war nicht ein Best-Of oder eine witzige Stelle aus der Sendung, sondern sie haben die komplette Sendung geschaut.

Woher ich das weiß? Die Jungs (Realschüler, so 15 bis 16 Jahre alt) waren im gleichen Bus unterwegs und schauten unverdrossen auf der Rückbank weiter. Und wirklich, das macht mir Hoffnung.

Es zeigt, nebenher bemerkt, aber auch, dass Sender gut daran tun, neben dem linearen Angebot auch Inhalte zum Abruf bereitzustellen.

Genarrt? Nein. Reduziert auf das „Ich“.

Am späten Dienstagabend erschien hier ein Blogpost zum Umgang mit „den“ Medien in der Bericherstattung zu den Anschlägen in Paris und dem abgesagten Länderspiel zwischen Deutschland und den Niederlanden. In einigen Direktnachrichten auf Twitter teilten Leser und Hörer mir mit, dass sie irritiert waren.

Die Irritation war beabsichtigt. Das Audiofile, das ein Kommentar, eine Glosse, eine Einordnung, eine Bewertung hätte sein können, war: 3 Minuten Stille.
Mich juckte es seit Samstag in den Fingern, das Hirn arbeitete. Und als ich am Dienstagnachmittag in Bussen unterwegs war, um Fahrgäste zu zählen, hatte ich genügend Zeit abseits des Rechners und abseits meiner Twitter-Timeline nachzudenken.
Ich wägte das Für und Wider eines Kommentars. Und mir war schnell klar, dass es keine einhellige Meinung geben könne. Klar, jeder Rechtschaffene wird die Anschläge in Paris verurteilen. Mit dem abgesagten Fußballspiel sieht das wiederum anders aus. Ich bin der Meinung, dass es richtig war, das Spiel abzusagen. Schon, als die ersten Meldungen auftauchten, dass die Bundesregierung das Spiel anschauen wolle, hatte ich Bedenken. So gut gemeint und wichtig diese Aktion gewesen wäre, sie wurde medial verbreitet und hätte bedeuten können, dass mögliche Attentäter sich das Stadion aussuchen und Deutschland zumindest übergangsweise unregierbar machen. (Okay, unsere Verfassung regelt Vertretungen und Nachfolgen auf Zeit).

Ich war also in Bussen unterwegs und hatte nebenher genügend Zeit, über einen Text nachzudenken.
Und je mehr ich in mich hineinhörte, desto unsicherer wurde ich: Haben die Medien, insbesondere die öffentlich-rechtlichen, einen guten Job gemacht?
Fest steht, dass Sportreporter sich sehr speziell in ihrem Fach auskennen, hier: Fußball. Sie werden kaum in der Lage sein, eine politische Einschätzung, Einordnung abzugeben, die über die Spielfeldbegrenzung hinaus geht. Zumal auch der technische und personelle Hintergrund fehlt.
Dass nun einige hingehen und „die Medien“ dafür kritisieren, dass diese erst mit Verzögerung in die Puschen kamen, stößt mir sauer auf. Es war ein Freitagabend und es war ein Fußballspiel angesetzt. Nichts, das ein politischer Korrespondent auf dem Schirm haben wird.

Lassen Sie mich ein Alltagsbeispiel zur besseren Verständlichkeit anführen.
Wenn es bei der Bahn einen Personenunfall gibt, also ein Mensch in selbstmörderischer Absicht vor einen Zug springt, gerät der Fahrplan außer Takt. Es gibt in solchen Fällen immer wieder Menschen, die sich aufregen, dass ein Busnotverkehr auf sich warten lässt. Aber: Es stehen halt nicht 100 Busse und 100 Fahrer in Bereitschaft, damit sie sofort und in 5 Minuten am Unglücksort sind und für einen reibungslosen Transport der Fahrgäste sorgen. Das ist finanziell, logistisch und wirtschaftlich nicht zu begründen und zu rechtfertigen.
Übertragen auf den Freitagabend heißt das: Es waren Züge mit einem speziellen Auftrag unterwegs, die Fußballreporter nämlich. Den Busnotverkehr zu organisieren (in unserem Fall also die politischen Reporter) erfordert Zeit. Aus meiner eigenen Erfahrung als Busfahrer (!) weiß ich, dass das dauert. Lage checken, Einsatzbefehle erteilen, Fahrer und Fahrzeuge finden und ordern. An einem Freitagabend, der von einem Fußballspiel bestimmt ist, heisst das, dass die politischen Reporter vielleicht auch grade mit Freunden zusammensaßen, sich ihrer Familie widmeten, vielleicht auch Fußball schauten.
Kein normal denkender Mensch wird erwarten, dass diese innert fünf Minuten auf Sendung sind, alle Fakten präsent haben und das Publikum informieren. Sie können es schlichtweg nicht. Zeitlich, personell, örtlich.

Da muss, ganz wie bei einem Busnotverkehr, erst die Maschinierie anlaufen. Technisch, personell. Fakten müssen gecheckt werden. Dass dem einen oder anderen Korrespondenten dann eine ungesichtere Meldung durchgeht? Ich habe es oft genug vor Ort erlebt, dass man nichts genaues weiß und dann auch mal (mit entsprechendem Hinweis) Vermutungen und Einschätzungen eiinfließen lässt. Ein Reporter ist auch immer Mensch und hat seinen (begrenzten) Horizont.
Insgesamt denke ich, dass gerade die öffentlich-rechtlichen Sender nach den ersten Wirrnissen von Freitagabend bis zum jetzigen Zeitpunkt eine gute Arbeit gemacht haben. Umfassend informiert, die Fakten gewertet und eingeordnet haben und – soviel Betroffenheit gestehe ich jedem zu, sich an manchen Strohhalm klammerten.

Ich saß am Dienstagnachmittag also in Bussen, dachte, dass ich was schreiben müsse und schrieb es nicht. Ich dachte nach und brauchte selber noch Zeit. Zeit, die ich aber auch Ihnen zugestehen möchte, das eine oder andere zu überdenken.

Und wenn sie die drei Minuten Stille komplett anhören, wette ich, dass Sie in dieser Ruhe und auf Ihre Gedanken zurückgeworfen, die Ereignisse zurückholend zu einem ähnlichen Schluss wie ich kommen: Es ist in der Berichterstattung sicher nicht alles gut gelaufen, wir können es aber auch nicht erwarten, so von 0 auf 100 in kürzester Zeit – und dann noch hieb- und stichfest.
Deswegen sind drei Minuten Schweigen manchmal auch eine Antwort, die man geben muss, um dem Zuhörer zu ermöglichen, in sich reinzuhören.
Ich lade Sie ein, das jetzt nochmal zu machen:

 

Nix für ungut.

Im Fernsehen sagt ein Blinder, wer sein Lieblingsmaler ist.*

Die Eilmeldungen überschlagen sich in diesen Tagen.
Am Freitagabend wusste lange niemand nichts Genaues.
In den Sozialen Medien kursierten Vermutungen, Halbgares, Halbwahrheiten und Falschmeldungen.
Journalisten beginnen mit der Recherche.
Ein Fußballspiel, das ein Zeichen dafür sein sollte, dass sich „der Westen” nicht unterkriegen lässt, wird abgesagt.
Nachvollziehbar, selbst, wenn sich herausstellen sollte, dass Erkenntnisse über mögliche Attentatsversuche auf Falschmeldungen beruht haben sollten: Die Sicherheit geht vor.

 
Fakten müssen von Unsinn getrennt werden, die Anspruchshaltung gerade an öffentlich-rechtliche Sender ist absurd. Sportreporter sollen auf einmal die politische Berichterstattung übernehmen. Das ist ungefähr so, als wenn jemand, der sich mit Lebensmitteln auskennt, unvorbereitet aus dem Verfassungsausschuss berichten muss.

Was ich Kritikern sagen möchte:

 

 

 

*Entnommen dem Song Finderlohn von Heinz Rudolf Kunze.

Die Medienfrauen mit eigenem Panel auf den Medientagen

Letztes Jahr gab es Knatsch im Umfeld der Medientage. Zu wenig Frauen seien auf den Podien und Panels vertreten. Nur rund 20 Prozent, sagt Sissi Pitzer, Medienjournalistin. Sie rebellierten, schrieben einen offenen Brief an die Veranstalter der Medientage.
Die hätten erst verschnupft reagiert, seien beleidigt gewesen und dann, so Pitzer, hätte es sich gedreht. Dieses Jahr fand dann bei den Medientagen eine rein von Frauen organisierte und mit Frauen besetzte Veranstaltung statt.

Sissi Pitzer (rechts) im Gespräch mit Juliane Leopold, Chefredakteurin von BuzzFeed Deutschland
Sissi Pitzer (rechts) im Gespräch mit Juliane Leopold, Chefredakteurin von BuzzFeed Deutschland

Bei den Medientagen fiel es Sissi Pitzer auf: Auf vielen Veranstaltungen seien Frauen unterrepräsentiert. Letztes Jahr riss Pitzer dann „die Hutschnur“:

Aussichten? Hoffnungen?

Gisela Goblirsch erklärt, wie man mit einem DIN-A 4 Blatt ein einfaches Tool hat, sich über Aufgaben und Fähigkeiten klar zu werden.
Gisela Goblirsch erklärt, wie man mit einem DIN-A 4 Blatt ein einfaches Tool hat, sich über Aufgaben und Fähigkeiten klar zu werden.

Gisela Goblirsch, PR- und Krisenkommunikations-Fachfrau, differenzierte den Anspruch der Veranstaltung etwas. Frauen und Männer müssten gleiche Chancen bekommen. Nach ihrem Verständnis gelte das auch für den Wiedereinstieg nach einer Babypause:

Goblirsch sieht einen positiven Trend. Die Auszeit, die sich Unternehmensangehörige nähmen, werde anders bewertet: